schlimme Sünder


Hinter den Kulissen des Nürnberger Gerichtshofes

 

Am 12. November 1945 wurde ich nach Nürnberg abkommandiert und der "6580. Inneren Sicherheitsabteilung" zugewiesen, wo ich der geistliche Berater der dort inhaftierten hohen Nazis sein sollte, die vor Gericht gestellt werden sollten.

Wie konnte ich diesen Männern gegenübertreten, die der Welt so viel Herzeleid bereitet hatten, die Führer in einem Weltkrieg gewesen waren, der Millionen Menschen das Leben gekostet hatte? Schließlich waren ja auch unsere beiden Jungen in diesem Kamp zusammen mit Millionen junger Männer unseres Landes.

Wie sollte ich an diesen Gefangenen arbeiten, ohne das Wirken des Wortes Gottes in ihren Herzen zu hindern? Wie würden sie sich verhalten? - Mein Kollege schlug vor, mit unseren Besuchen bei dem Anführer der Gruppe zu beginnen. Er führte mich zu Görings Zelle. Es war schwierig für mich, mit diesen Männern in deutscher Sprache zu sprechen, da ich seit meiner Kindheit nicht mehr deutsch gesprochen hatte. Bei unserem Eintritt sprang Göring auf und schlug die Hacken zusammen. Ich reichte ihm die Hand. Nachdem ich bei allen anderen eingeführt worden war. Es war vor Beginn der Gerichtssitzung am 20. November. In jener Nacht musste ich Jesum um eine besondere Ausrüstung anflehen, ohne die ich meine Aufgabe nicht erfüllen konnte. Von dem Augenblick an beschloss ich, wohl die Sünden zu hassen, aber die Sünder zu lieben. Ich musste daran denken, dass auch Gott die Sünder liebt. Diese Männer sollten erfahren, wie der Heiland auf Erden segensreich gewirkt, wie er gelitten hatte und auch für sie am Kreuz gestorben ist. Es waren einundzwanzig Angeklagte. Sechs von ihnen gehörten der katholischen Kirche an, während fünfzehn dem protestantischen Glauben lutherischer Prägung zuneigten. Sieben von den fünfzehn Protestanten waren Abendmahlsgäste der lutherischen Kirche. Streicher, Jodl, Heß und Rosenberg besuchten nie die Gottesdienste, obgleich sie behaupteten, an einen Gott zu glauben. Kaplan O'Connor, New York, war der katholische Priester für die Männer, die diese Kirche vorzogen. Eine kleine, aus zwei Zellen bestehende Kapelle im zweiten Stockwerk wurde für die Gottesdienste eingerichtet. Ein ehemaliger Oberstleutnant der SS war Organist. Da er beiden Geistlichen diente, hatte er reichlich zu tun. Gegen Ende meines Aufenthaltes erneuerte er sein Gelübde mit der protestantischen Kirche und feierte Abendmahl. Die schlichte Botschaft vom Kreuz hatte sein Herz umgewandelt. Frank, Seyß-Inquart, Kaltenbrunner und von Papen besuchten den katholischen Gottesdienst, Keitel, Ribbentrop, Raeder, Dönitz, Neurath, Speer, Schacht, Frick, Funk, Fritzsche, Schirach, Sauckel und Göring kamen zu meinen Gottesdiensten. Folgende feierten während ihres

Aufenthaltes im Gefängnis das Abendmahl: Keitel, Ribbentrop, Sauckel, Raeder, Speer, Fritzsche und Schirach. Unser protestantischer Gottesdienst bestand aus drei Chorälen, Schriftvorlesung, Predigt, Gebet und Segen. Die Männer waren wirklich andächtig und verursachten niemals die geringste Störung.

 

Die Geistlichen besuchen die Gefangenen

 

Es muss festgestellt werden, dass von keinem der Angeklagten gefordert wurde, die Besuche der Geistlichen zu empfangen. Wir fragten gewöhnlich an, ob sie unseren Besuch wünschten. Oft fanden wir in unserem Büro Zettel vor, die die Wachtposten dorthin gebracht hatten, dass gewisse Männer uns bei unserem Besuchsgang durch das Gefängnis sprechen wollten. Vor der Zelle jedes Gefangenen stand Tag und Nacht ununterbrochen ein Wachtposten. Durch die Türe wurde Licht auf die Gefangenen gerichtet, damit sie ihre Dokumente vorbereiten und lesen konnten. Wächter und Gefangene durften laut strengem Befehl der kommandierenden Offiziere nicht miteinander sprechen. Die Gefangenen waren täglich, außer Sonnabend, eine Zeitlang im Hof. Nach Rückkehr in ihre Zellen und nach dem Abendessen wurden sie gewöhnlich von den Geistlichen besucht, bis die Lichter abgeblendet wurden.

Während die Gefangenen schliefen, blieb das Licht auf sie gerichtet. Wenn ein Gefangener sich vom Licht weg zur Wand wenden wollte, pflegte die Wache ihn zu wecken und umzudrehen, damit man sein Gesicht sehen konnte.

 

Abendmahlsfeier

 

Mein erster Abendmahlsgast war der Arbeitsminister Sauckel. Wie alle anderen war er immer sehr höflich zu mir. Sauckel hatte elf Kinder, von denen zehn lebten. Ein Sohn war im Krieg gefallen. Er erzählte mir zuerst viel Freundliches von seiner treuen Frau und der Liebe seiner Kinder, und dann besprachen wir seine geistlichen Anliegen. Meist lasen wir zusammen die Bibel und sprachen ein kurzes Gebet. Dabei knieten wir zusammen an seinem Bett, so wollte er es haben. Oft schloss er das Gebet mit den Worten des Zöllners: "Gott, sei mir Sünder gnädig!" Ich hatte allen Grund zu glauben, dass er es ernst meinte. Die nächsten, die um das Abendmahl baten, waren Fritzsche, Schirach und Speer. Es rührte mich tief, als ich die drei breitschultrigen Männer vor dem Altar knien sah, um das Abendmahl zu empfangen. Ich bin gewiss, dass Gott durch das Wort, das ihnen gelesen und gepredigt worden ist, ihre Herzen umgewandelt hat und dass sie, wie jeder reuige Sünder, bereit waren, Gottes Vergebung um Christi willen zu erbitten. 

Ein weiterer Abendmahlsgast war Raeder, der ehemalige Oberbefehlshaber der Flotte. Er forschte eifrig in der Bibel und hatte gewöhnlich Fragen daraus für und den Gefangenen einen Geistlichen zugewiesen hatte. Einmal bat er mich, den Christen in Amerika zu danken, dass sie ihnen einen Seelsorger geschickt hatten. Nachdem er sich gründlich über das Abendmahl unterrichtet hatte, bat er darum, ob er es unter meiner Leitung mitfeiern dürfe. Er wählte mit feinem Verständnis Bibelstellen, Choräle und Gebete aus und las sie laut vor. Er schämte sich auch nicht, an seinem Bett kniend, mir seine Sünden zu beichten. Mit tränenerstickter Stimme sagte er: "Sie haben mir mehr geholfen als Sie ahnen. Möchte Christus, mein Heiland, mir auf dem ganzen Weg beistehen. Ich werde Ihn brauchen!"

 

Kann ein Mann gleichzeitig Christ und Vaterlandsfreund sein?

 

Ribbentrop stand mir sehr freundlich gegenüber, solange ich das Thema Christentum und Kirche nicht berührte. In demselben Augenblick, in dem ich darauf zu sprechen kam, fand ich ihn recht gleichgültig gegen wahre Religion und die Grundlehren christlichen Glaubens und Gottesdienstes. Im Laufe der täglichen Besuche jedoch fing er an Fragen zu stellen. Die eine, die ihm am wichtigsten vorkam und ihn am meisten beunruhigte, war die: "Kann ein Mann gleichzeitig Christ und Vaterlandsfreund sein?" Meine übliche Antwort auf diese Frage war etwa folgende: "Natürlich können Sie Vaterlandsfreund und Christ sein, vorausgesetzt, Sie handeln entsprechend Römer 13 und Sie geraten nicht mit Apg. 5,29 in Widerspruch. Die erste Stelle gibt an, was Sie Ihrer Regierung schuldig sind und wie Sie als Christ treu sein müssen. Die zweite betont die Anwendung auf die christliche Vaterlandsliebe und sagt, dass man Gott mehr gehorchen muss als den Menschen." Nach einigen Monaten begann Ribbentrop in der Schrift zu forschen und die Bedeutung des christlichen Lebens zu erfassen.

 

Das Urteil und das letzte Wort

 

Alle Lampen und Scheinwerfer brannten im überfüllten Verhandlungssaal des Nürnberger Justizpalastes, als Lord Lawrence im Gerichtssaal erschien, um allen Angeklagten die "große Chance des letzten Wortes" zu geben. Zum letzten Male durften alle Angeklagten von der Anklagebank aus der Reihe nach vor der Öffentlichkeit ihr Schlusswort sprechen. Ein weißbehandschuhter Militärpolizist reichte zu dem Zweck den einzelnen das Mikrophon. Zuerst sprach Göring. Aber es war nicht mehr der selbstbewusste, zynische Göring von einst. - Sodann nahm Speer das Wort. Er sprach voller Verantwortungsbewusstsein, jedoch nicht über sein eigenes Schicksal. - Funk und Sauckel redeten sichtlich bewegt, aggressiv Schacht. Frank sprach leidenschaftlich von Gott und Schuld, genau so leidenschaftlich wie einst auf den Parteitagen. Er bekannte im Schlusswort: "Wir haben am Anfang unseres Weges nicht geahnt, dass die Abwendung von Gott solche verderblichen, tödlichen Folgen haben könnte, und dass wir gezwungenermaßen immer tiefer in Schuld verstrickt werden könnten. Wir haben es damals nicht wissen können, dass so viel Treue und Opfersinn des deutschen Volkes von uns schlecht verwaltet werden könnten; so sind wir in der Abwendung von Gott zuschanden geworden und mussten untergehen. Es waren nicht technische Mängel und unglückliche Umstände allein, wodurch wir den Krieg verloren haben - es war auch nicht Unglück und Verrat: Gott vor allem hat das Urteil über Hitler gesprochen und vollzogen, über ihn und das System, dem wir in gottferner Geisteshaltung dienten. Darum möge unser Volk von dem Wege zurückgerufen werden, auf den Hitler und wir mit ihm es geführt haben. Ich bitte unser Volk, dass es nicht verharrt in dieser Entwicklung und nicht weiterschreitet in dieser Richtung, auch nicht einen Schritt. Denn Hitlers Weg war der vermessene Weg ohne Gott, der Weg der Abwendung von Christus und in allem

letzten Endes der Weg der politischen Torheit, der Weg des Verderbens und des Todes.

"Keitel bekannte sich schuldig und schloss mit den Worten: "Ich habe geirrt und war nicht imstande zu verhindern, was hätte verhindert werden müssen. Das ist meine Schuld." So kamen sämtliche einundzwanzig Angeklagten zu Wort. Dann wurden die Akten geschlossen. Das letzte Wort war gefallen. Jeder Angeklagte wurde wieder in seinen Gewahrsam zurückgebracht. Die folgenden Angeklagten wurden zum Tode verurteilt: Göring, Ribbentrop, Keitel, Kaltenbrunner, Sauckel, Rosenberg, Frank, Frick, Streicher und Seyß-Inquart;

folgende erhielten lebenslängliche Haft: Heß, Funk, Raeder; Schirach und Speer wurden zu zwanzig Jahren, Neurath zu fünfzehn und Dönitz zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Von Papen, Schacht und Fritzsche wurden vom Militärgericht freigesprochen. Die Gefangenen nahmen ihr Urteil wie Soldaten auf, und, soweit ich sehen konnte, zuckte keiner zusammen, als er seinen Richterspruch vernahm. Dieser Tag wurde in den Akten des Gerichts als "Urteilstag" bezeichnet: 16. Oktober 1946. Die Geistlichen widmeten den größten Teil ihrer Zeit den Besuchen der Männer, die zum Tode verurteilt waren. Jeder dieser todgeweihten Männer glaubte bestimmt, dass die Hinrichtung am Mittwoch, dem 16. Oktober stattfinden würde, und jeder wollte wissen, zu welcher Tageszeit sie in die Ewigkeit eingehen müssten. Nun war noch eine überraschende Anordnung getroffen; mit Erlaubnis des Großen Kontrollrates der vier Mächte sollten die Verurteilten, wenn sie es wünschten, noch einmal Gelegenheit haben, mit ihren Frauen zu sprechen. Das waren bittere Stunden für die Verurteilten und ihre Angehörigen, aber auch für uns Seelsorger. Ich hörte, wie Ribbentrop seine Frau ernstlich bat, dass seine Kinder in der Kirche bleiben und in der Zucht und Vermahnung zum Herrn erzogen werden sollten. Diese Feststellung ist mir besonders bemerkenswert, weil sie von Ribbentrop stammt und wir am Anfang unserer Arbeit entdeckt hatten, dass die ganze Familie sich von der Kirche zurückgezogen hatte. Während Ribbentrops Haft leiteten wir alles für die Taufe seiner drei Kinder ein. Frau Sauckel versprach ihrem Mann, dass ihre zehn Kinder bei dem gekreuzigten Jesus bleiben sollten. Göring fragte seine Frau, was seine Edda über die ganze Lage gesagt habe. Sie erwiderte, Edda habe gesagt, sie wolle ihren Vati im Himmel wiedersehen. In diesem Augenblick stand Göring auf und wandte sich zum Gehen und zum ersten mal sah ich Tränen über seine Wangen laufen. Als ich ihn ein wenig später in seiner Zelle aufsuchte, sagte er, er sei schon gestorben, als er seine Frau oben verlassen hätte. Von jenem Tag an waren wir fast Tag und Nacht bei den Verurteilten. Einige von ihnen baten mich vier bis fünfmal am Tag, zu ihnen hereinzukommen. Ribbentrop las fast die ganze Zeit in der Bibel. Keitel zeigte besonderes Interesse für gewisse Bibelstellen und Choräle, die von der Liebe Gottes durch das versöhnende Blut Christi sprachen. Sauckel war sehr aufgeregt. Er war so abgespannt, dass ich fürchtete, er würde dem Druck nicht standhalten. Er betete oft laut und schloss unsere Andachten immer: "Gott, sei mir Sünder gnädig!" Diese drei feierten mit mir das Abendmahl in ihren Zellen. Gott hatte während der ganzen Zeit ihre Herzen gewandelt, und jetzt, da sie alles Irdische, ja selbst ihr Leben verlieren sollten, konnten sie das Versprechen annehmen, dass Gott reuigen Sündern durch Jesu Opfertod vergeben hatte, und glauben, dass Jesu ihre sündenbelasteten Seelen von ihrer Schuld befreien würde.

 

Görings Selbstmord

 

Am 16. Oktober herrschte große Aufregung. Die Geistlichen gingen von Zelle zu Zelle und blieben bei jedem Verurteilten einige Augenblicke, um zu hören, wie jeder sein Herz von seiner Last zu befreien suchte, weil er wusste, dass er bald zur Ewigkeit eingehen würde. An jenem Abend um 20.30 Uhr hatte ich eine lange Unterredung mit Göring. Ich versuchte ihn bei dem Thema ewiger Werte

festzuhalten und ihm zu zeigen, wie ein Mensch sich zum Sterben bereitmachen kann, bereit, seinem Gott zu begegnen. Im Laufe der Unterredung fand ich, dass Göring über die biblische Darstellung der Erschaffung des Menschen spottete. Er machte über die Lehre von der wörtlichen Eingebung der Schrift spöttische Bemerkungen und weigerte sich, die große Grundlehre des Evangeliums, dass Jesus für jeden Sünder gestorben ist, anzunehmen. Es war eine offene Ablehnung der Macht des Kreuzes und der Bedeutung des unschuldigen

Blutes, das am Kreuz zur Erlösung der Sünder vergossen wurde. Er sagte, er glaube, dass mit dem Tode alles aus sei. Da bat ich ihn, daran zu denken, was seine kleine Tochter gesagt hatte, sie wolle ihren Vater im Himmel wiedersehen; aber er antwortete uns: "Sie glaubt an ihren Heiland, aber ich muss es darauf ankommen lassen." Weiter sagte er nichts mehr, und ich verließ ihn zum letzten Male.

 

Etwa um 22.35 Uhr erschien eine Wache im Wachlokal und erklärte mit erregter Stimme, dass Göring einen Anfall habe. Er lag auf dem Boden. Ich sprach mit ihm, aber obgleich sein Puls noch zu schlagen schien, gab er keine Antwort. Eine kleine leere Patrone lag auf seiner Brust. So starb er.

 

Tod

 

Um Mitternacht wurde den Verurteilten noch einmal der Anklage und Richterspruch verlesen. Eine letzte Mahlzeit wurde ihnen angeboten. Nur wenige aßen. Da Göring sich das Leben genommen hatte, war Ribbentrop der erste, der den Weg zum Galgen antrat. Ehe er seine Zelle verließ, verbrachte ich einige Minuten mit ihm in Gebet und Fürbitte und hörte ihn sagen, dass er sein ganzes Vertrauen auf das Blut des Lammes setze, das die Sünden der Welt hinweg nimmt. Noch in seiner Zelle bat er Gott, Erbarmen mit seiner Seele zu haben.

Dann ertönte das Signal, und er musste den Korridor entlang zum Hinrichtungsraum gehen. Er ging zwischen zwei Wachen; die Geistlichen schritten unmittelbar vor ihm, an der Spitze der diensttuende Offizier. Wir gingen durch die Tür in den Hof und traten mit dem Gefangenen in den Hinrichtungsraum. Seine Hände waren gefesselt. Er wurde sogleich zu dem ersten Galgen geführt, wo er am Fuß der dreizehn Stufen stehen blieb. Auf Verlangen des diensttuenden Offiziers nannte er seinen Namen und wurde auf den Galgen geführt, wo er auf die Falltür trat, den kaltblütigen Zuschauern gegenüber, die sich als Zeugen der Hinrichtung versammelt hatten. Ein Wächter band ihm die Füße, während ein Offizier ihn fragte, ob er noch ein letztes Wort sagen wolle, worauf er sich an mich wegen eines letzten Gebetes wandte. Im Augenblick, als das Amen gesagt war, zog man ihm die schwarze Kapuze über das Gesicht, der große Knoten von dreizehn Stricken wurde hinter seinem Kopf zusammengezogen, und dann fiel er durch die Falltür. Die Geistlichen gingen zurück zum Gefängniskorridor und warteten dort auf das Signal für den zweiten Verurteilten. Das war Keitel, der Oberbefehlshaber der Wehrmacht. In seiner Zelle hielten wir eine kurze Andacht mit Gebet, ehe wir den letzten Gang mit ihm antraten. Als wir in den Hinrichtungsraum kamen, schickte Keitel schnell einen Blick zum ersten Galgen. Dieser Blick sagte mir, dass er wusste, dort hing sein Freund Ribbentrop.

Wir stiegen die Stufen zum zweiten Galgen hinan, Keitel sprach ein Schlusswort, dem mein letztes Gebet folgte. Er antwortete mit der Feststellung: Ich danke Ihnen von ganzem Herzen. Der katholische Geistliche begleitete den nächsten Verurteilten zum Galgen, während ich nahe dabeistand, nahe der Türe. Die zwei Geistlichen machten zehnmal den Weg und machten so die letzte Meile mit jedem Gefangenen. Als das Zeichen ertönte, dass Sauckel hereingebracht werden sollte, fühlte ich, wie mein Herzschlag aussetzte. Dieser Verurteilte war am Tage zuvor und besonders am Abend recht aufgeregt gewesen, und es war offensichtlich, dass es ihm schwer wurde, sich zu beherrschen. Während er auf der Falltüre stand, sagte er etwas von seinen zehn Kindern und ihrer Mutter. Das erschütterte mich sehr, und für einen Augenblick konnte ich nicht weiter. Schließlich war es mir doch noch möglich, das Schlussgebet zu sprechen, wonach er schnell zur Ewigkeit einging. Während ich in Fricks Zelle eine kurze Andacht hielt und Zeichen von Erschöpfung merken ließ, versicherte mir Frick, dass er in unserem schlichten Gottesdienst seinen Heiland gefunden habe. Er sagte, er glaube, dass Jesu Blut seine Sünden hinweggewaschen habe.

Als er auf der Falltüre stand, hatte er wenig zu sagen, und wir beschlossen sein Leben mit einem kurzen Gebet für seine Seele. Der letzte meiner Gruppe war Rosenberg, der konsequent alle geistliche Beeinflussung abgelehnt hatte. Er wollte kein Schlusswort sprechen, und als ich ihn bat, ein letztes Gebet zu sprechen, lächelte er und sagte: "Nein, danke." Er lebte ohne einen Heiland, und so starb er auch. Ich möchte noch Streicher erwähnen. Er weigerte sich zunächst, seinen Namen zu nennen, und als er die dreizehn Stufen hinaufging, grüßte er: "Heil Hitler!" Obgleich er dem katholischen Geistlichen erlaubte, ihn zur Falltür zu begleiten, wies er doch jeden geistlichen Trost zurück. Er glitt durch die Falltür, indem er nach seiner Frau rief. Es war jetzt etwas nach drei Uhr morgens. Die Geistlichen gingen in getrennte Zellen zu persönlichem Gebet und privater Andacht. Dann warteten wir mehrere Stunden, ehe wir zum Gebet in den Hinrichtungsraum zurückkehrten. Jetzt ist alles vorüber: Anklage, Prozess und Hinrichtung.

 

Die einzelnen stehen nun vor dem Tribunal des Weltenrichters, dem Ursprung aller Gerechtigkeit. Wie wird es ihnen ergehen? Uns allen sei dies daher eine besondere Warnung, in guten und gesunden Tagen den ewigen Gott mit Gleichgültigkeit und Geringschätzung abzutun! Das rächt sich schwer! Für jeden von uns naht früher oder später auch die "letzte Stunde", in der er mit einem mehr oder weniger schuldbeladenen Gewissen vor den ewigen Richter treten muss. Und dann? Diese peinigende Ungewissheit hat schon manchem

verzweiflungsvolle Stunden bereitet. Demgegenüber aber sei betont, dass es möglich ist, mit einem wunderbaren, tiefen Gottesfrieden durchs Leben zu gehen und selbst im Sterben zu wissen: Mir ist Erbarmung widerfahren! Es geht jetzt heim zur ewigen Heimat!


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diese Internetseite ist geschrieben, damit ihr glaubt, daß Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen....(in Anlehnung an den Vers aus dem Johannesevangelium 20; 31)

 

sie ist in erster Linie für meine Freunde, Arbeitskollegen und Bekannten gemacht, die mich aus den Beschreibungen ganz bestimmt erkennen werden. Ich habe mit vielen noch nicht über mein neues Leben reden können. So Manchen habe ich einfach noch nicht so erwischt, daß es gepasst hätte, andere gehen mir aus dem Weg. Vielleicht ist auch einer dabei, der gerne was wissen wollte, aber sich nicht fragen traut? Dann bist Du hier richtig!

 

Wir Christen können uns nicht erlauben zu schweigen über den, der uns gerettet hat - und das ist Jesus. Einmal läuft für jeden die Zeit ab, danach gibt's keine Möglichkeit mehr sich für das Leben zu entscheiden. Deshalb schreibe ich das alles.


Johannes  5,24


Joh 5,24 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, der hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist vom Tod zum Leben hindurchgedrungen.