(et.) «Nimmt man alles zusammen, lässt sich kaum etwas Schädlicheres für die kindliche Entwicklung denken als die Digitalisierung der Kindheit. Damit werden Kreativität und eigenständige Willensbildung auf lange Sicht beeinträchtigt», warnt der Neurowissenschaftler Prof. Dr. med. Dr. phil. Manfred Spitzer. Schweden gehörte einst zu den ersten Ländern, die digitalen Unterricht schon in der Grundschule einführten. Nun gibt es eine Kurskorrektur: Digitales Lernen ist für die Kleinsten wieder gestrichen, es sollen für 60 Millionen Euro zusätzlich Schulbücher angeschafft werden. In Deutschland plädiert nun auch die CDU für ein Verbot, der Bundesvorstand hat dazu jüngst ein Positionspapier verabschiedet. Darin wird gefordert, in Grundschulen «ein privates Handynutzungsverbot umzusetzen». An weiterführenden Schulen seien «Massnahmen zu ergreifen, um eine private Handynutzung im Unterricht auszuschliessen». Erziehungswissenschaftler Klaus Zierer begrüsst die Pläne: «Das Ziel ist ja, den Jugendlichen Reflexion beizubringen: Was macht der Gebrauch [des Smartphones] mit meinem Kommunikationsverhalten? Kann ich allen Informationen hier vertrauen? Entscheide ich mich, bestimmte Inhalte nicht anzuklicken oder zu blockieren?» Nötig ist dafür die Fähigkeit zur Impulskontrolle. Diese jedoch entstehe durch das Zusammenspiel vieler Gehirnregionen und entwickele sich bis ins dritte Lebensjahrzehnt, so Manfred Spitzer. «Wenn 25 Prozent der Erstklässler in Stuttgart nicht mehr hüpfen können, 25 Prozent der Viertklässler am Schuljahresende nicht lesen können, und die Konzentrationsund Empathiefähigkeit von Jugendlichen mit zunehmendem Medienkonsum abnehmen ... dann wird es höchste Zeit, etwas zu ändern.»
aus Ethos 01/2024